Vom Umgang mit Lampenfieber
Wer beruflich auf der Bühne steht, ob als Redner, Schauspieler oder Musiker, kennt es nur zu gut: das Lampenfieber. Hintertückisch und wie ein lähmendes Gift befällt es jeden auf andere Weise. Mancher wird, je näher der Auftritt rückt, immer müder, gähnt fortwährend und schläft fast ein.
Super, denken Sie jetzt, das Problem möchte ich haben. Denn Ihnen klopft das Herz bis zum Hals (in dem übrigens ein dicker Kloss stecken geblieben scheint), die Hände werden feucht, der Schweiß rinnt Ihnen von der Stirn und wo bitte ist die nächste Toilette?
Lampenfieber positiv nutzen
Eine “homöopathische Dosis” Lampenfieber vor dem Auftritt ist normal und hat auch sein Gutes. Im Grunde genommen ist es eine ganz normale Stress-Situation, in welcher der Körper in einen Flucht- oder Kampfmodus schaltet. Durch das zusätzliche Adrenalin entsteht eine Grundspannung, die Ihre Konzentration erhöht und letztlich eine überzeugende Präsentation unterstützt. Weiterhin überträgt sich diese Wachheit auch positiv auf die Zuhörerschaft.
Geht Ihre Auftrittsangst aber über die homöopathische Dosis hinaus, dann wird der Auftritt zur Qual, auch für Ihr Publikum. Es tritt also unweigerlich genau das ein, wovor Sie ursprünglich Angst hatten: Versagen.
Was also tun, damit Ihnen und Ihrem Publikum der Spaß an Ihrem Vortrag nicht verdorben wird?
Zunächst müssen Sie sich klar machen, woher Ihr Lampenfieber kommt. Gehen Sie in sich und fragen, welche Ansprüche Sie an sich selbst stellen. Hohe Ansprüche sind vom Prinzip her gut, aber vielleicht sind Sie doch ein bisschen zu streng mit sich? Haben Sie Angst, sich zu blamieren oder vom Publikum zurückgewiesen zu werden?
Grundsätzlich steht das Publikum Ihnen positiv gegenüber. Sie haben etwas zu geben. Das Publikum möchte nehmen. Den Druck aber machen Sie sich ganz allein selbst. Seien Sie stolz darauf, dass Sie den Vortrag halten dürfen und gehen Sie mit diesem Selbstbewusstsein in Ihren Auftritt.
Struktur und Choreografie geben Sicherheit und natürliche Authentizität.
Üben Sie Ihre Präsentation vor dem Spiegel oder der Kamera. Ihre Rede sollte choreografiert sein. Das schließt Haltung, Blicke, Hände und Beinarbeit ein. Wie gefallen Sie sich und wie wirkt Ihre Stimme? Zu hoch oder vielleicht doch ein bisschen leise? Wie ist das Sprechtempo und haben Sie rhetorische Pausen eingeplant? Versuchen Sie Pausen auszudehnen und die Stille auszuhalten.
Die Vorbereitungsphase ist der richtige Zeitpunkt, kritisch, fast überkritisch mit sich selbst ins Gericht zu gehen. Ist alles hieb- und stichfest und stehen Sie hinter jeder einzelnen Aussage? Oder gibt es da doch ein paar Passagen, die Sie nicht erklären können, wenn genau dazu Nachfragen aus dem Publikum kommen? Wenn Sie felsenfest hinter jedem Wort Ihres Vortrages stehen, gibt dies Ihnen eine natürliche Authentizität, die Ihr Publikum intuitiv spürt.
Was machen Sie, wenn der Beamer mal wieder nicht funktioniert oder das Mikrofon sich stumm stellt? Eine mentale Vorbereitung auf diese und andere Eventualitäten gibt Ihnen nötige Sicherheit. Darüber hinaus wirkt es auf das Publikum ausgesprochen souverän, wenn Sie kleinen Malheurs mit Humor und Lässigkeit entgegnen.
Die letzten Minuten vor Ihrem Auftritt
Seien Sie rechtzeitig vor Ihrer Präsentation am “Ort des Geschehens” und machen sich mit den räumlichen Gegebenheiten vertraut. Welcher Weg führt auf die Bühne, wo ist das Rednerpult und wo möchten Sie stehen?
Tricksen Sie den natürlichen Fluchtreflex in Stress-Situationen aus, indem Sie hinter der Bühne ein paar Minuten lang energisch auf und ab gehen. Ballen Sie Ihre Hände zu Fäusten, kneifen Sie den Hintern zusammen und entspannen ganz bewusst wieder. Stellen Sie sich auf die Zehenspitzen und wieder herunter. Spüren Sie konzentriert und bewusst Spannung und Entspannung.
Wichtig ist jetzt, richtig zu atmen. Tief in den Bauch, mit geschlossenem Mund und durch die Nase. Wenn Sie durch den Mund atmen, wird dieser noch trockener als es sich ohnehin schon anfühlt. Stellen Sie sich vor, dass die Luft, die Sie einatmen, tief in den Bauch hinein geht, und erst danach füllen Sie den Brustkorb mit Luft. Bauch und Brustkorb dehnen sich aus, die Schultern bleiben unten. Halten Sie die Luft ein paar Sekunden an, bevor Sie entspannt durch den Mund ausatmen.
Sprechen Sie sich selbst Mut zu, denn Sie haben sich perfekt vorbereitet. Schließen Sie die Augen und stellen sich den Applaus am Ende Ihrer Präsentation vor. Genießen Sie diesen Moment im Voraus.
Und nun ballen Sie noch einmal ganz fest die Hände. So fest es geht. Und dann lassen Sie los. Holen Sie noch einmal tief Luft – und dann gehört die Bühne Ihnen!
“If you don’t have a certain amount of stage fright, then it’s not going to be that interesting. It’s not going to have the inner vibration.” – Charlotte Rampling –

Autorin Wiebke Küster
Für Wiebke steht der Mensch in seiner Einzigartigkeit im Mittelpunkt. Neben fachlicher Kompetenz brauchen Führungskräfte persönliche Ausstrahlung, um diese Kompetenz zu transportieren.
Mehr erfahren Sie hier: Wiebke Küster