Schlagfertigkeit
oder: wie ich gelernt habe, das zu sagen, was ich wirklich denke.
Den richtigen Ton in der Kommunikation zu finden, insbesondere im geschäftlichen Kontext, das ist gar nicht so einfach. Drücke ich mich klar aus? Komme ich stark und dennoch respektvoll rüber? Wirke ich kompetent, aber nicht anmaßend?
Ich bin ein eher kopflastiger Mensch. Informationen nehme ich auf und dann beginnt erst einmal ein komplizierter Prozess in meinem Kopf. Wie hat mein Gegenüber das gemeint, warum hat er das gesagt, was will sie damit bezwecken? Was wird meine Antwort bewirken? Kann ich das sagen, darf ich das sagen?
Man kann mir beim Denken zuschauen
Auf dem langen Weg durch meine Gehirnwindungen schienen sich die Gedanken allerdings zu verselbständigen. Und so merke ich immer wieder, dass Gespräche an Schwung verlieren und meine Antwort beim Gegenüber nicht wie beabsichtigt ankommt. Eine meiner Stärken, nämlich Spontaneität, bleibt auf der Strecke und ich bin in meiner Kommunikation nicht glaubwürdig.
Das hat sich allerdings geändert, seitdem ich die Gelegenheit hatte, an einem Schauspielworkshop teilzunehmen, bei dem es um die Meisner-Technik ging.
Acting is Reacting
„Handeln ist Reagieren.“ Das ist die Quintessenz der Lehre des amerikanischen Schauspiellehrers Sanford Meisner. Generationen von Hollywood-Schauspielern haben bei ihm gelernt, und so hatte er einen tiefgreifenden Einfluss auf das moderne Kino. Seine Trainingsmethode beruht nach seinen eigenen Worten darauf, „… den Schauspieler zu seinen emotionalen Impulsen und einem fest im Instinkt verwurzelten Handeln zurückzubringen.
„Gutes Schauspielen kommt von Herzen“
Meisners Methode besteht aus einem progressiven System strukturierter Improvisationen. Instinkte und Impulse werden stimuliert, Konzentration und Vorstellungskraft gefördert. Ziel ist es, „die Realität des Tuns“ zu erreichen und „unter imaginären Umständen wahrheitsgetreu zu leben“. Die jeweiligen Übungen bauen aufeinander auf und steigern sich in ihrer Intensität.
Repetition, Repetition…
Die bekannteste Meisner-Übung ist die Repetition, die Wiederholung. Zwei Menschen stehen sich gegenüber und schauen sich an. Wer als erstes einen Impuls verspürt, sagt etwas über sein Gegenüber. Irgendetwas ganz Banales, wie zum Beispiel: „Du bist groß“. Der Partner wiederholt diese Aussage, aber aus seiner Perspektive: „Ich bin groß“. Diese Aussagen werden nun ständig wiederholt, wobei man die Tonalität des Gegenübers aufgreift. Das heißt, die Aussage ändert sich zunächst nicht, wohl aber der Tonfall. Irgendwann wird der Drang so groß, dass man den Satz einfach ändern muss und vielleicht ist es diesmal der Partner, der sagt „Du hast schöne Augen“ oder „Deine Stimme klingt komisch“ und ich muss antworten „Ich habe schöne Augen“ oder „Meine Stimme klingt komisch“.
Raus aus dem Kopf
Ehrlich gesagt, ich kam mir anfangs ziemlich lächerlich vor und überlegte, ob es nicht doch besser gewesen wäre, das Wochenende ans Meer zu fahren, anstatt meinem Gegenüber fortwährend zu sagen, dass sie schöne Locken hätte, oder so etwas ähnliches. Aber dann sagte ich mir, wenn Leo Di Caprio das konnte, dann schaffe ich das auch.
Nach den ersten Wiederholungs-Übungen merkte ich plötzlich, wie sich mein Fokus von mir weg verlagerte. Der sich wiederholende, eindimensionale Dialog lenkte meine Aufmerksamkeit weg von mir selbst, ganz auf meinen Partner. Auf einmal fielen mir winzige Regungen im Gesicht meines Gegenübers auf, die kleinste Änderung im Tonfall. Und durch das Tempo der Übung hatte ich keine Zeit, nachzudenken, was und wie ich etwas sagen sollte. Ich kam raus aus meinem Kopf und begann, aus dem Bauch heraus, aus meinem Herzen, zu sprechen.
Was für die Schauspielbühne gilt, gilt auch für die berufliche Bühne.
Offensichtlich kann solch ein Workshop nur einen kleinen Einblick in die wirkliche Bedeutung der Meisner-Technik geben. Dennoch war es für mich eine tiefgreifende Erfahrung, und das habe ich daraus mitgenommen:
– Ich bin eine bessere Zuhörerin. Ich habe gelernt, nicht nur auf Worte zu hören, sondern auch auf die Art und Weise, wie sie gesprochen werden. Hat mein Partner leise oder laut, überzeugt oder zweifelnd, selbstsicher oder schüchtern gesprochen?
– Ich bin eine bessere Beobachterin. Ich habe gelernt, meine Aufmerksamkeit auf den anderen zu richten und jeden Impuls meines Gegenübers – sei es ein winziges Augenzucken oder ein leichtes Anheben der Stimme – viel bewusster wahrzunehmen.
– Ich habe meine angeborene Schüchternheit überwunden und gelernt, dass ich, um effektiv kommunizieren zu können, zielgerichtet und überzeugt sprechen muss, auch wenn ich manchmal vielleicht laut werden muss.
– Ich bin schlagfertiger geworden. Ich habe gelernt, dass eine unmittelbare und damit authentische Reaktion die effektivste Art der Kommunikation ist. Wie Sanford Meisner sagte: „Alles ist gut, wenn es von Herzen kommt.“
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Autorin Wiebke Küster
Für Wiebke steht der Mensch in seiner Einzigartigkeit im Mittelpunkt. Neben fachlicher Kompetenz brauchen Führungskräfte persönliche Ausstrahlung, um diese Kompetenz zu transportieren.
Mehr erfahren Sie hier: Wiebke Küster