Das weibliche Prinzip
Kürzlich leitete ich ein Pedeva Seminar zum Thema „Durchsetzungsstark als Frau“.
In einem Brainstorming zu Beginn formulierte eine Teilnehmerin den Wunsch den Begriff Durchsetzungsstärke grundsätzlich zu hinterfragen. Sie empfand das Wort als zu hart und männlich geprägt.
Ein toller Impuls, denn er unterstrich mein Ziel mit dem Seminar ein neues Verständnis dafür zu vermitteln, was es bedeutet, wirklich durchsetzungsstark zu sein.
Das Yin-Yang Prinzip
Das Yin-Yang-Symbol veranschaulicht sehr gut meine Gedanken zu diesem Thema. Das Symbol zeigt einander entgegengesetzte duale Kräfte, die sich im harmonischen Gleichgewicht zueinander befinden.
Der schwarze Bereich (Yin), steht dabei für das weibliche Prinzip und wird durch Begriffe, wie z.B. Mond, Intuition, Herz, Hingabe, Genuss, Entspannung, Inspiration und Urvertrauen geprägt. Ebenso von Eigenschaften, wie z.B. passiv, schwach, weich, nehmend und still.
Der weiße Bereich (Yang) hingegen symbolisiert das männliche Prinzip und wird mit Begriffen, wie z.B. Sonne, Verstand, Kopf, Kontrolle, Aktivität, Macht, Struktur und Kraft in Verbindung gebracht. Sowie mit Eigenschaften, wie z.B. aktiv, stark, hart, gebend und laut.
Ich beobachte in unserer Gesellschaft ein Ungleichgewicht der Kräfte und ein Übergewicht des männlichen Prinzips. Der Fokus liegt auf der Ratio, auf dem Machen und Tun, dominiert durch das Verfolgen von festgesetzten Zielen, das Kämpfen und Gewinnen, das Streben nach Macht und materiellen Werten.
Und das ist absolut nicht nur bei Männern so. In dem Wunsch sich von veralteten Frauenbildern und patriarchalischen Machtstrukturen zu lösen, haben sich auch viele Frauen auf einen männlichen Weg begeben.
Innehalten und Inventur machen
Ich möchte bei einer bewussten Wiederbelebung und Wertschätzung der weiblichen Kraft ansetzen. Wir alle, Frauen und Männer, dürfen uns fragen, wie wir dem weiblichen Prinzip in unserem Leben begegnen und welche Haltung wir dazu haben. Es geht mir darum, sich der weiblichen Kraft in uns, im Sinne der oben genannten Begriffe und Eigenschaften, gewahr zu werden.
Und dies verlangt eine Innenkehr in einem geschützten und sicheren Raum, eine bewusste Hinwendung zu unserer emotionalen Innenwelt, weg von dem leistungs- und ergebnisorientierten Aktionismus im Außen. Das kann eine echte Herausforderung sein. Permanenter Leistungsdruck, Optimierungswahn und ein Überangebot an Lifehacks verhindern nämlich genau dies: innehalten und Inventur machen.
Innenkehr erfordert Mut
Ein wichtiger Teil dieser Innenkehr ist es, sich seinen Schwächen, Ängsten und Unsicherheiten zu stellen. Das erfordert Mut. Zu wirklicher Stärke gehört es, auch seinen verletzlichen Seiten zu begegnen und sich mit diesen offen und ehrlich zu zeigen.
Das weibliche Prinzip ist nicht schwächer als das Männliche. Im Gegenteil. Aus der Verbindung mit der weiblichen Kraft entwickelt sich wahre Stärke. Eine neue Ebene der Kommunikations- und Begegnungskultur entsteht, in der man sich nicht in einem Rollenklischee begegnet, sondern ehrlich miteinander in Kontakt tritt. Und auf einmal geht es nicht mehr um Durchsetzungsstärke. Denn wir wirken. Mit unserem authentischen Sein.
Zurück zum Yin-Yang-Symbol. Die beiden Kräfte bekämpfen sich nicht. Sondern sie ergänzen sich, im Gleichgewicht zueinander. Die eine Seite kann ohne die andere nicht existieren.
Kein einfacher Weg. Doch aus meiner Sicht nachhaltig für eine wirkliche Veränderung, wenn es um das Verhältnis zwischen Frauen und Männern geht.

Autor Volkram Zschiesche
Ausgehend von der darstellenden Kunst entwickelte der Diplomschauspieler ein Konzept zur Persönlichkeitsentwicklung mit dem er auf mentaler, emotionaler und körperlicher Ebene Bewusstsein schafft…
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