Die 7 Fragen zu mehr Authentizität in der Präsentation
Glaubwürdig, überzeugend und authentisch präsentieren. Vielzitierte, nicht wirklich fassbare, irgendwie auch ziemlich abgedroschene Forderungen, die aber ständig an Sie als Führungskraft im Geschäftsleben gestellt werden. Die Frage ist nur: wie?
Schauspieler müssen Tag für Tag etwas darstellen und damit überzeugen. Es liegt also gar nicht so fern, einen genaueren Blick hinter die Kulissen der Schauspielkunst zu werfen. Warum gehen Sie an Ihre nächste Präsentation nicht einmal so heran, als würden Sie sich für einen Bühnenauftritt vorbereiten? Schauspieler arbeiten in der Regel methodisch, und eine der effektivsten Methoden stammt von Konstantin Stanislawski.
Stanislawski war ein russischer Schauspieler, Regisseur und gilt bis heute als einer der einflussreichsten Theaterpädagogen. Er brach mit den traditionellen Schauspiel-Stereotypen und wurde damit ein bahnbrechender Reformer der Schauspielkunst. Für ihn gab es nicht den „jugendlichen Liebhaber“, die „Heroine“ oder den „Charakterdarsteller“. Vielmehr betrachtete er sich als Vertreter des Naturalismus.
Stanislawski entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts eine bis heute gültige Lehrmethode, das sogenannte „System“, welches auf dem emotionalen Erfahrungsschatz eines Menschen aufbaut. Er ging davon aus, dass Schauspieler ihr emotionales Gedächtnis benutzen müssen, um authentisch in Ihrer Rolle zu sein. Er nannte dies die „Art of Experiencing“. Nach dem Stanislawski System muss sich ein Schauspieler während des Rollenstudiums mit sieben gezielten Fragen zu seiner Figur und den Handlungsumständen auseinandersetzen. Ziel ist, eine emotionale Verbindung zwischen dem Darsteller und der Rolle herzustellen, die sie oder ihn letztendlich glaubwürdig auf der Bühne erscheinen lässt.
Wenn Sie sich in der Vorbereitung einer Präsentation Gedanken zu diesen 7 Fragen machen und jede einzelne schlüssig für sich beantworten können, werden Sie sehen, dass Sie Position beziehen und Ihr Auftreten spürbar selbstsicherer wird.
1. Wer bin ich?
Keine einfache Frage, und eigentlich eine Frage, die uns das ganze Leben über beschäftigt oder zumindest beschäftigen sollte. Möglicherweise werden Sie nie eine Antwort darauf finden. Oder viele verschiedene, je nach Lebensphase. Überlegen Sie sich aber, wer Sie in diesem Moment sind, auch im Unternehmenskontext. Welche Funktion haben Sie zum jetzigen Zeitpunkt in Ihrer Firma? Was möchten Sie gerne darstellen und werden Sie so wahrgenommen, wie Sie es gerne hätten?
2. Wo bin ich?
Natürlich sind Ort und Umstände eines Vortrages nicht ganz unwichtig. Sie sollten sich darauf einstellen, ob Sie in einem kleinen Tagungsraum oder bei einem Kongress mit mehreren tausend Zuhörern präsentieren. Sie könnten sich beispielsweise aber auch fragen, wo Sie in Ihrer Karriere stehen. Wo kommen Sie her und wo möchten Sie hin? Sind Sie am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn und man erwartet von Ihnen frischen Wind und neue Ideen? Oder haben Sie langjährige Erfahrung und man erwartet von Ihnen gewissermaßen der Weisheit letzten Schluss? Wo stehen Sie in Ihrer persönlichen Lebensplanung?
3. Wie spät ist es?
Die Frage mag ein wenig banal klingen, aber tatsächlich ist es nicht ganz unwichtig, sich der Tageszeit einer Präsentation klar zu sein. Es fällt schwerer, Ihre Zuhörerschaft abends kurz vor Feierabend in den Bann zu schlagen, als ein ausgeschlafenes Publikum am Vormittag bei der Stange zu halten. Sie könnten sich aber zum Beispiel auch fragen, wie spät es für Ihr Projekt ist. Ist Ihre Präsentation die letzte Chance, ein Projekt zum Erfolg zu bringen, oder stehen Sie ganz am Anfang und möchten erst einmal ausloten, ob Ihr Projekt überhaupt Überlebenschancen hat.
4. Was will ich?
Dies ist selbstverständlich die Kernfrage für jede Präsentation. Von der reinen Unternehmensvorstellung über eine Vertriebspräsentation bis zur Gewinnung eines Geschäftspartners – es gibt unzählige Ziele, die Sie mit Ihrem Auftritt verfolgen können. Sie müssen sich absolut klar sein über das, was Sie erreichen wollen. Wenn Sie keine klare Absicht in Ihrem Handeln haben, wird auch Ihr Publikum nicht verstehen, was Sie wollen.
5. Warum will ich es?
Diese Frage schließt sich nahtlos an die 4. Frage an, denn wenn Ihnen nicht klar ist, was Sie wollen, können Sie auch nicht sagen, warum Sie etwas wollen. Es ist aber auch hier wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein. Was sind Ihre tatsächlichen Beweggründe? Wenn Ihre innerste Motivation mit dem geäußerten Wort und dem Auftritt völlig übereinstimmt, wird Ihr Publikum überzeugt.
6. Wie bekomme ich, was ich will?
Neben Fachwissen geht es hier darum, dass Sie den Aufbau Ihrer Präsentation genau so planen, dass Sie Ihr Ziel erreichen. Überlegen Sie sich, wo die Trigger-Punkte bei Ihrem Publikum sind. Und wie führen Sie Ihre Zuhörer argumentativ dorthin? Welche stilistischen Mittel wollen Sie einsetzen? Wie viele visuelle Stimuli wollen Sie einsetzen und welche?
7. Was muss ich überwinden, um zu bekommen, was ich will?
Ein bisschen Schwarzseherei in der Vorbereitung einer Präsentation hat noch nie geschadet: schauen Sie sich Ihr Thema aus verschiedenen Blickwinkeln an und machen Sie sich auch die kleinste Hürde, die zu überwinden ist, klar. Finden Sie mögliche Lösungen für alle denkbaren Eventualitäten. So prüfen Sie noch einmal, inwiefern Sie tatsächlich hinter Ihrem Projekt stehen. Denn wenn Sie selber nicht für eine Sache brennen, können Sie das Feuer nicht auf andere übertragen.
Wenn Sie sich mit diesen 7 Fragen auseinandergesetzt haben, werden Sie sehen, dass Sie mit einem ganz anderen Selbstverständnis an eine Präsentation herangehen. Sie helfen Ihnen, Position zu beziehen und mit einer klaren Absicht zu handeln. Das überträgt sich auf Ihr Publikum. Ihr Auftritt wird selbstsicher, glaubwürdig, überzeugend. Ganz einfach: authentisch.

Autorin Wiebke Küster
Für Wiebke steht der Mensch in seiner Einzigartigkeit im Mittelpunkt. Neben fachlicher Kompetenz brauchen Führungskräfte persönliche Ausstrahlung, um diese Kompetenz zu transportieren.
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