Wie trete ich vor eine Gruppe?
Schon der erste Eindruck zählt. Wenn ich von meinem Stuhl aufstehe und im Raum nach vorne gehe, liegen alle Blicke auf mir. Ich werde genau beobachtet. Dieses Wissen macht mich nervös. Mein Herz schlägt schneller, mein Adrenalin steigt, im Kopf nur Leere – und dies drückt sich dann in einem äußerst angespannten und unnatürlichen Gang aus.
Im Kopf nur Leere.
Solche Szenen waren mir immer äußerst unangenehm. Neben der Nervosität wirkte sich der Stress auf meinen Vortrag aus. Ich war unkonzentriert, sprang im Text, verlor den Faden bei meinen Ausführungen. Ich war nicht wirklich Herr der Lage oder wie man auf Neudeutsch sagt „ich saß nicht im Driver’s Seat“.
Jedes Mal nach einem solchen Auftritt fragte ich mich, wie ich solche Situationen und mich besser in den Griff bekomme. Gibt es hier Regeln, Tipps oder Maßnahmen, die mich souveräner machen? Wie schaffe ich es meine Anspannung zu meistern?
Was können wir vom Schauspieler und dem klassischen Theater lernen?
Die Prinzipien der Bühnenpräsenz und Rhetorik des klassischen Theaters sind ein reicher Fundus für Manager, die täglich im kleinen oder großen Rahmen präsentieren müssen.
Wir konzentrieren uns bei der Vorbereitung zu viel auf den Text, statt die gesamte Choreographie unseres Auftrittes und das Wirken auf unser Publikum zu berücksichtigen. Eine ausgefeilte Choreographie vermittelt uns Sicherheit, Klarheit und Ausdruckskraft.
Eine Choreographie gibt Ihnen Sicherheit, Klarheit und Ausdruckskraft.
Zu lasch und lässig vor das Publikum treten ist nicht die Lösung. Eine angemessene Spannung und Präsenz sind schon notwendig. Diese bauen wir bereits vorher auf und nicht erst vor den Zuschauern. Wir dürfen uns nicht irgendwie auf die Bühne schleichen!
Somit begeben Sie sich schon vor der Bühne in Ihre optimale Haltung. Grundsätzliche Präsenz und positive Spannung sollten wir schon beim Gang vor die Gruppe haben.
Haltung und Gang geben den ruhenden Rahmen.
Für den aufrechten Gang helfen die Prinzipien der Alexander Technik, die außerdem für einen freien Hals und gelöste Schultern sorgen. Diese Prinzipien basieren auf selbstgegebenen mentalen Anweisungen. Die Zuschauer sehen einem schon am Körper an, ob sich jemand in seiner Rolle und Situation wohlfühlt.
Wir sollte mit leicht geöffneten Füßen gehen. Das Gehen selbst sollte wie ein leichtes Schweben sein. Mit dem Standbein stoßen wir uns vom Boden ab – dynamisch und kraftvoll. Wir werden nicht vom führenden Spielbein gezogen. Denn das Spielbein ist leicht und locker. Es führt, aber es zieht nicht. Interessant, dass so etwas ebenso im Tanz, wie dem Tango Argentino für ein elegantes Gehen gelehrt wird.
Beim Gehen die Füße kreuzen: das heißt ein Fuß führt hinauf oder weg von der Bühne und der andere Fuß schaut zum Publikum. Dabei den Blick und den Kontakt zum Publikum halten.
Wir sollten in einem Bogen auf die Bühne gehen. Wenn auf der Bühne ein Pult ist, können wir im Zick Zack laufen, also zuerst zum Publikum, das Publikum begrüßen und dann zum Pult schreiten.
Pausen und Ruhe als rhetorisches Mittel.
Wenn wir vor unserem Publikum stehen und den Kontakt aufnehmen, sollte dies in Ruhe und mit Souveränität geschehen. Wir müssen erst einmal ankommen! Und das darf ruhig ein Moment länger sein.
Pausen und Ruhe sind als rhetorische Mittel viel wirksamer als hektische Betriebsamkeit. Diese Ruhe und Spannung mit dem Publikum müssen wir aushalten. Wenn Sie das öfter machen, werden Sie anfangen gerade diese Momente zu genießen.
Sie bewirken dadurch, dass Sie „da“ sind. Denken Sie daran, dass Sie mit ihrem Auftritt dem Publikum ein Gefühl von sich vermitteln. Stellen Sie sich vor Ihr Publikum ist Ihr Freund. Lächeln Sie Ihr Publikum an und geben Sie sich Zeit.
Sie haben es geschafft!
Genauso, wie wir in einem Bogen auf die Bühne gegangen sind, sollten wir abgehen. Zunächst ziehen wir unser Spielbein zum Standbein heran. Dann gehen wir mit Schwung ab.
Wichtig ist, dass wir mit erhobener und stolzer Brust abgehen. Wenn Sie Ihre Schultern hängen lassen, frei nach dem Motto „Puuh, ich habe es geschafft“, dann bleibt Ihrem Publikum zum Schluss ein schlechtes Bild in Erinnerung. Und das wollen wir ja nun wirklich nicht.
Autor Boris Prodanovic
Boris war in seiner Tätigkeit als Manager, Unternehmer und Business Consultant auf unterschiedliche Art in zwischenmenschliche Kontexte eingebunden. Die Arbeit in der Wirtschaft ist in erster Linie eine Arbeit mit Menschen. Mehr erfahren Sie hier: Boris Prodanovic